Der große Sprung, Kommentar zur Finanzaufsicht von Bernd Neubacher

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Frankfurt (ots) –

Hoppala: Seit 2013 nagelt der von Bundesfinanzministerium, Bundesbank und BaFin bestückte Ausschuss für Finanzstabilität den antizyklischen Kapitalpuffer der Banken auf oder an der Nulllinie fest. Jetzt, nach Jahren des ungebremsten Immobilienbooms und nachdem die Europäische Zentralbank im November Deutschlands Passivität im Umgang mit diesem Instrument kaum verhohlen angeprangert hat, setzt das Gremium zum ganz großen Sprung an.

Gleich 75 Basispunkte ihrer Risikoaktiva im Inland sollen die Banken als antizyklischen Puffer bilden, das ist das Dreifache der kleinstmöglichen Anhebung. Hinzu kommen zwei Prozentpunkte der Risikoaktiva auf Wohnimmobilienkredite – dabei hatte die Bundesbank noch vor Wochen argumentiert, sie würde zunächst auf das breiter wirkende Instrument setzen wollen, um gegebenenfalls gezielter nachzusteuern.

Auch ohne diese Volte liegt auf der Hand, dass der Ausschuss längst hinter die Kurve geraten ist und nun recht rabiat mit Anforderungen nachsteuert, die andernorts in Europa seit Jahren in Kraft sind. Besser spät als nie.

Dass die Kreditwirtschaft nun schwarzmalt für die Kreditvergabe und für die wirtschaftliche Erholung, gehört wohl zum Protokoll. Angesichts eines von der Aufsicht auf 165 Mrd. Euro bezifferten Überschusskapitals werden die Banken die nun erforderlichen Eigenmittel von 22 Mrd. Euro aufbringen können, auch wenn sich der Kapitalmehrbedarf allmählich läppert – der jüngste EU-Vorschlag zur Umsetzung des Regelpakets Basel III dürfte in den kommenden Jahren ja nochmals 20 Mrd. Euro Kapital binden. In ihre Zukunftsfähigkeit investieren und den grünen Wandel finanzieren sollen Deutschlands Banken ja auch.

Als relevanter noch aber könnte sich die am Mittwoch von BaFin-Präsident Mark Branson sehr allgemein gehaltene Ankündigung auswirken, bei der Vergabe von Krediten für Wohnimmobilien näher hinsehen zu wollen. Solche Verbalinterventionen, zu denen auch die von der BaFin kürzlich formulierte “Erwartungshaltung” zum Umgang der Banken mit dem BGH-Urteil zu Kontogebühren passt, erfreuen sich bei Aufsehern seit Jahren einer wachsenden Popularität. Denn in der Regel erfüllen die Ansagen ihren Zweck, jenseits konkreter Vorgaben. Letzten Endes höhlen sie das Verwaltungsrecht aus, könnte man auch sagen. Und wenn zugleich der Eindruck entsteht, die BaFin wolle damit Risiken steuern, die der Ausschuss für Finanzstabilität zuvor unterschätzt hat, fällt dies auf die Aufsicht zurück.

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Quelle:Der große Sprung, Kommentar zur Finanzaufsicht von Bernd Neubacher


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