Der Staat hechelt hinterher / Kommentar von Ulrich Kraetzer zu Ermittlungen gegen Organisierte Kriminalität

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Berlin (ots) – Kurzform:

Die Zunahme der Verfahren gegen die Clans ist – so paradox es klingt – eine gute Nachricht. Denn sie zeigt, dass der Staat genauer hinschaut. Die vielen Razzien wirkten wie Nadelstiche. Die Ermittler fanden dabei zudem Beweise, die sich in Verfahren verwerten ließen, bei denen es um mehr ging als um ein paar hundert Gramm unverzollten Shisha-Tabak. Doch die Kapazitäten fehlen nun offenbar an anderer Stelle: Laut Lagebild führten die Behörden im Jahr 2019 kein einziges Ermittlungsverfahren gegen vietnamesische und italienische Gruppierungen der Organisierten Kriminalität. Die Behörden bräuchten mehr Mitarbeiter und wohl auch mehr Möglichkeiten. Solange sie diese nicht haben, ist der Staat zwar nicht machtlos. Aber er hechelt den kriminellen Banden nur hinterher.

Der vollständige Kommentar:

Die kriminellen arabischen Großfamilien halten die Berliner Ermittlungsbehörden auf Trab – und das nicht nur, wenn ihre Sprösslinge eine Goldmünze oder Juwelen klauen: Elf große Verfahren führten die Behörden im vergangenen Jahr gegen die Clans. Im Jahr zuvor waren es nur fünf. So steht es in dem am Montag veröffentlichten Lagebild zur Organisierten Kriminalität in Berlin.

Die Zunahme der Verfahren gegen die Clans ist – so paradox es klingt – eine gute Nachricht. Denn sie zeigt, dass der Staat genauer hinschaut. Die vielen Razzien wirkten wie Nadelstiche. Da macht das organisierte Verbrechen keinen Spaß. Die Ermittler fanden dabei zudem Beweise, die sich in Verfahren verwerten ließen, bei denen es um mehr ging als um ein paar hundert Gramm unverzollten Shisha-Tabak. Der Kampf gegen die Clans zeigt also Wirkung.

Doch die Kapazitäten, die die Ermittler in den Anti-Clan-Kampf stecken, fehlen nun offenbar an anderer Stelle: Laut Lagebild führten die Behörden im Jahr 2019 kein einziges Ermittlungsverfahren gegen vietnamesische und italienische Gruppierungen der Organisierten Kriminalität. Weil Mafia und vietnamesische Schmuggler plötzlich gesetzestreu wurden? Wohl kaum. Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass diese Gruppen unauffälliger agierten und die Sicherheitsbehörden von den illegalen Geschäfte nichts mitbekamen. Der Schaden dürfte dennoch immens sein.

Die Erkenntnis aus dem Lagebild ist also diese: Viel hilft viel – doch um die Organisierte Kriminalität an all ihren Fronten wirkungsvoll bekämpfen zu können, ist die Decke der personellen Möglichkeiten von Polizei und Staatsanwaltschaft zu kurz. Die Behörden bräuchten mehr Mitarbeiter und wohl auch mehr Möglichkeiten. Solange sie diese nicht haben, ist der Staat zwar nicht machtlos. Aber er hechelt den kriminellen Banden nur hinterher.

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Quelle:Der Staat hechelt hinterher / Kommentar von Ulrich Kraetzer zu Ermittlungen gegen Organisierte Kriminalität


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