Eine alles andere als sichere Wahl/Emmanuel Macron provoziert mit Aussagen über Ungeimpfte. Damit mischt er gezielt den Wahlkampf auf. Ob seine Taktik aufgeht, ist ungewiss. Von Christine Strasser

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Regensburg (ots) –

Schicksalswahl für Europa. So heißt es wieder. Denn in rund drei Monaten wählen die Franzosen einen neuen Präsidenten oder eine Präsidentin. Der Ausgang der Wahl wird als Signal für Europa beschworen. Bekannte Töne. 2017 klangen sie ähnlich. Gleichzeitig ist diesmal vieles anders in unserem Nachbarland. Sicher ist: Es gibt einen Favoriten. Es ist der amtierende Präsident Emmanuel Macron. Unsicher ist: Wann wird er seine Kandidatur offiziell verkünden? Und wie? Macron wird das zu einem Ereignis machen wollen. Das gilt als sicher. Als unsicher gilt seine Wiederwahl. Immerhin ist das seit 2002 keinem französischen Präsidenten mehr gelungen.Die Linke liebt Macron ganz sicher nicht. Der Präsident habe zahlreiche Versprechen nicht gehalten, wird beklagt. Überhaupt fehle es ihm an einer Vision. Macrons Partei habe kein Profil und sei in der Zivilgesellschaft nicht verankert. Eine Analyse, an der sicher vieles richtig ist. Aber bedeutet das auch, dass Macron Stimmen aus dem linken Lager gänzlich abschreiben muss? Das lässt sich guten Gewissens als unsicher bezeichnen. Denn die französische Linke ist zersplittert. Sie kann sich nicht auf einen Einheitskandidaten einigen. Somit sind die Aussichten für den Einzug eines Kandidaten aus dem linken Spektrum in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl verschwindend gering. Und dann könnten einige eben doch für Macron stimmen.Als an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit lässt sich festhalten: Frankreich rutscht mit dieser Wahl nach rechts. Mit einem noch gerüttelt Maß an Unsicherheit ist hingegen die Frage behaftet, wie weit. Als sicher sehen Umfragen voraus, dass Macron letztlich mit einem dieser drei Gegenspieler um den Platz im Élysée-Palast kämpfen muss: der Rechtspopulistin Marine Le Pen, der bürgerlich-konservativen Kandidatin Valérie Pécresse oder dem wegen islamfeindlicher Parolen rechtskräftig verurteilten Publizisten Éric Zemmour. Sicher ist, dass alle drei programmatisch eines gemeinsam haben: Sie klammern sich an eine verbitterte Nostalgie von einem heilen Frankreich. Das gab es zwar so mit Sicherheit nie. Unsicher ist trotzdem, wie Macron dagegen punkten kann. Mit seinem proeuropäischen Kurs berührt er die Herzen nicht in gleicher Weise. Ganz sicher ist bei ihm ein politisches Bekenntnis: An der stark umstrittenen Rentenreform hält er fest. Umsetzen wird er sie in dieser Amtszeit jedoch sicher nicht mehr. Ob das gut oder schlecht für seine Wahlchancen ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.Auf der sicheren Seite lässt sich für Macron verbuchen, dass er Autorität nicht scheut. Auseinandersetzungen schrecken ihn nicht. Müssen sie auch nicht. Denn während die Deutschen den Kompromiss lieben, zelebrieren Franzosen ihre Konfliktkultur. Streit und Proteste sind die eine Seite. Auf der anderen Seite wird von einem französischen Präsidenten geradezu erwartet, dass er unbequeme Entscheidungen trifft und durchsetzt. Gegen Macrons Corona-Politik gab es viel Protest. Aber letztlich ließ sich die große Mehrheit der Franzosen impfen. Und jetzt? Macron empörte mit der unwirschen Ansage, er habe große Lust, Ungeimpfte zu nerven. Ein gezielt gesetztes Wahlkampfthema, mit dem er nicht gerade auf Sicherheit spielt. Die Wut auf ihn wächst. Proteste gegen die Corona-Maßnahmen hatten zuletzt wieder deutlich mehr Zulauf. Ob sich Macron verzockt hat, lässt sich trotzdem noch nicht sicher sagen. Denn dass Impfgegner Macron unterstützen, war nicht zu erwarten. Mit dem sprachlichen Eklat will er seine Anhänger – überwiegend jung, städtisch, gut ausgebildet, geimpft und voller Sehnsucht zurück nach ihrem normalen Leben – mobilisieren. Das wiederum könnte gelingen, vorausgesetzt die Pandemie spielt mit. Größter Unsicherheitsfaktor ist für Macron nicht der politische Gegner, sondern Omikron.

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