Feuertaufe in Moskau / Das Treffen mit Amtskollege Lawrow war kein leichter Gang für Außenministerin Baerbock. Substanziell kam wenig heraus, aber der wichtige Gesprächsfaden bleibt geknüpft.

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Regensburg (ots) –

Noch nie in den vergangenen 30 Jahren, vom Balkan-Krieg abgesehen, war der Frieden in Europa so bedroht wie derzeit durch die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine. Man muss wohl tief in die Kiste der Historie greifen, um bewusst zu machen, was sich derzeit an dieser Konfliktlinie abspielt, was beiden Ländern, was dem ganzen Kontinent drohen könnte. Baerbocks erste Reise nach Moskau war ein schwerer Gang. Substanziell kam unter dem Strich wenig heraus. Doch die Grünen-Politikerin hat es zumindest geschafft, den so wichtigen Gesprächsfaden geknüpft zu lassen und deeskalierend zu wirken.

Baerbock hat ihre Feuertaufe bestanden. Und das war angesichts des mit allen Wassern gewaschenen russischen Chefdiplomaten nicht selbstverständlich. Lawrow leitet seit fast 18 Jahren das Moskauer Außenamt und beherrscht alle diplomatischen Tricks – auch die faulen. Jeden kleinen Spalt, jede noch so kleine Differenz innerhalb des Westens, innerhalb von EU und Nato, kennt Lawrow genau und nutzt dies gnadenlos aus.

Dass sich Deutschland, vertreten durch Baerbock, nicht von seinen europäischen und den Nato-Partnern isolieren lässt, war ein wichtiges, klares Signal an Moskau. Auch wenn unser Land sehr von russischen Gaslieferungen, derzeit etwa über die Pipelines durch die Ukraine und Polen oder durch Nordstream1 durch die Ostsee, abhängig ist, wird es sich dadurch nicht erpressen lassen. Zudem hat das Gasgeschäft, das selbst in Zeiten des Kalten Krieges zuverlässig funktionierte, zwei Seiten: auch Russland ist auf die Milliarden-Einnahmen angewiesen. Die Genehmigung der neuen Pipeline Nordstream2 ist eines der wenigen deutschen Druckmittel.

Baerbock hat jetzt, anders als ihre Vorgänger im Außenamt, einen starken Akzent auf die energie- und klimapolitische Zusammenarbeit mit Russland gelegt. Damit folgt sie der einfachen, aber auch harten Logik, dass ohne das größte Land der Welt der Klimawandel nicht erfolgreich eingedämmt werden kann. Neben den höchst umstrittenen Tagesfragen, wie dem Ukraine-Konflikt, gilt es, Moskau Perspektiven für die Zusammenarbeit aufzuzeigen. Auf ewig wird das riesige Land nicht auf Gas- und Ölexporte setzen können. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft bietet der russische Markt enorme Potenziale. Ihre Nutzung wird durch die zahlreichen Sanktionen ausgebremst. Eine Deeskalation zwischen Moskau und Kiew ist so gesehen auch ein vitales wirtschaftliches Interesse Deutschlands.

Richtigerweise waren die Erwartungen vor dem Antrittsbesuch in Moskau herunter gedimmt worden. Belastbare Zusagen, echte Schritte zur Entspannung, konnte es dabei nicht geben. Dazu sind die Fronten viel zu sehr verhärtet, sind die Interessen der verschiedenen Seiten viel zu verworren. Angesichts dieser tristen Ausgangslage kann es bereits als kleiner Erfolg gewertet werden, dass Lawrow der Vorbereitung von Treffen im Normandie-Format zustimmte, die seit über zwei Jahren auf Eis liegen. Dort könnten Deutschland, Frankreich, die Ukraine und Russland über Lösungsmöglichkeiten verhandeln und dem Minsker Abkommen von 2015 neues Leben einhauchen. Der Weg freilich ist noch weit und steinig. Der Status der von russischen Separatisten beherrschten Ostukraine sowie der annektierten Krim sollte dabei erst einmal ausgeklammert werden, um überhaupt neue Gespräche in Gang zu bringen.

Baerbock hat auf dem spiegelglatten Parkett in Moskau aber auch keinen Zweifel daran gelassen, dass der Westen russische Militäraktionen gegen die Ukraine mit harten Sanktionen beantworten würde. Die westliche Drohkulisse muss so lange aufrecht erhalten werden, wie Moskau provokativ Truppen an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren lässt. Härte und Dialog sind zwei Seiten deutscher Außenpolitik.

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