Schonungslos / Kommentar von Friedrich Roeingh zu Fehlern im Corona-Regime

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Mainz (ots) – Das, was die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten diesmal beschlossen haben, ist vor allem eins: verwirrend. Aber das ist hier nicht das Thema. Das Thema ist, dass Deutschland nach einem Jahr Pandemie und zweieinhalb Monaten Dauerlockdown längst beherztere Schritte der Öffnung gehen und seine Bürger besserer schützen könnte. Impfen, testen, digitale Nachverfolgung: Über die sogenannten Gamechanger ist endlos diskutiert worden, nie ist man sie entschlossen angegangen. In der unübersichtlichen Lage der Pandemie war es lange Zeit richtig, der Politik Vertrauensvorschuss zu geben. Inzwischen sind die Fehlleistungen aber zu vielfältig. Inzwischen schält sich zu deutlich heraus, welche strukturellen und mentalen Defizite wir in Deutschland haben: lähmende Bürokratie, mangelnde Entschlussfreude, die Unfähigkeit zum Pragmatismus, eine Vollkaskomentalität, unsere digitale Rückständigkeit. Und zu allem Überfluss kommt das Versagen von überschätzten Karrieristen noch hinzu.Zu jedem Punkt ein Beispiel. Lähmende Bürokratie: Der Novemberlockdown sollte mit Soforthilfen flankiert werden – heute klingt die Vokabel nur noch zynisch. Manche Selbstständige warten noch immer darauf, andere fallen weiterhin komplett durch den Rost. Mangelnde Entschlussfreude: Die Schulen könnten längst in einer Art Normalbetrieb laufen, wenn für jeden Klassenraum Filtergeräte angeschafft worden wären. Kaum ein Oberbürgermeister oder Landrat hat sich getraut, das auf seine Kappe zu nehmen. Kein Ministerpräsident war bereit, den Kommunen dafür das Geld anzuweisen. Die Unfähigkeit zum Pragmatismus: Weil wir die Impfgerechtigkeit perfektioniert, die Impfgeschwindigkeit aber vernachlässigt haben, sind noch nicht einmal alle 80-Jährigen geschützt. Obwohl die lebensrettende Wirkung der ersten Biontech-Impfung früh belegt war, behalten wir noch immer fast alle Zweitdosen zurück. Vollkaskomentalität: Während Astrazeneca – der Impfstoff, der nicht tiefgekühlt werden muss – woanders als Turbo eingesetzt wird, haben wir ihn durch Übervorsicht in Verruf gebracht. Fehlende Digitalisierung: In einer Krisensituation wie dieser bekommen wir es nicht hin, die Gesundheitsämter auf einen einheitlichen Standard zu bringen. Und unsere Datenschutzphobie verhindert die Einführung einer effektiven Nachverfolgungsapp. Stattdessen werden wir auch bei der nächsten Biergartenöffnung Zettel ausfüllen – nach denen nie jemand fragen wird. Das Versagen überschätzter Karrieristen: Gesundheitsminister Jens Spahn hat nicht nur die Maskenbeschaffung zu Beginn der Pandemie versemmelt. Bei den Schnelltests – wieder so ein verstolperter Meilenstein – laufen wir der Entwicklung erneut gnadenlos hinterher. Wie war das nochmal? Die Parlamente beklagen sich über mangelnde Beteiligung beim Krisenmanagement? Noch eine Debattenebene hätte wohl kaum Geschwindigkeit und Wagemut der Regierungen und der Verwaltungen angetrieben. Da aber liegt unser Hauptproblem. Wie wär’s, wenn sich die Parlamentarier auf die Ursachensuche für die fatalen Selbstblockaden begeben und auf grundsätzliche Vorschläge zu ihrer Überwindung? Wie wär’s, wenn sie eine parlamentarische Kommission bilden würden, in der Bundestagsabgeordnete, Abgeordnete der Länder und Vertreter der Kommunen gemeinsam Sonderregeln für den Föderalismus im Krisenfall entwickeln? Und Vorschläge zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Es wird nicht lange dauern, bis wir sehen, dass solche strukturellen Reformen genauso wichtig sind wie kurzfristig ein besseres Krisenmanagement.

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Quelle:Schonungslos / Kommentar von Friedrich Roeingh zu Fehlern im Corona-Regime


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