Aufwachen / Leitartikel von Friedrich Roeingh zum Flüchtlingsmanagement

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Mainz (ots) –

Achtung, Aufwachen! Zugegeben: Eine Herausforderung wie der Flüchtlingsstrom, der jetzt auch Deutschland aus der Ukraine erreicht, kann nicht reibungslos bewältigt werden. Bisher, so hat man den Eindruck, wird er aber noch fast gar nicht bewältigt. Es regiert das fröhliche Chaos. Berlin ist am Anschlag. Und obwohl das Problem seit mehr als einer Woche beschrieben ist, ist noch kein wirksames Verfahren gefunden, die Flüchtlinge nach einem groben Schlüssel auf die Länder zu verteilen. Und die Verteilung innerhalb der einzelnen Länder ist auch noch längst nicht orchestriert. Ein Beispiel: In Hessen steht zwar die Frankfurter Messehalle mit 2000 Feldbetten für die Erstankunft von ziellosen Flüchtlingen bereit. Bisher werden diese aber zunächst nach Gießen verfrachtet, um sie dann erst auf die Kommunen zu verteilen. Kann man nicht erfinden. Um gerecht zu bleiben: Das Management der Ukraine-Flüchtlinge ist eine völlig andere Herausforderung als die Verteilung der Flüchtlinge aus dem arabischen und afrikanischen Raum 2015 – nicht nur weil diesmal so viele Kinder kommen. Eine lückenlose Registrierung ist gar nicht möglich, wenn Zehntausende und bald Hunderttausende – zum Glück – bei ukrainischen Landsleuten unterkommen. Das Privileg, nicht ortsgebunden zu sein und innerhalb Europas visafrei weiterreisen zu dürfen, tut sein Übriges. Soviel zur billigen Kritik der Opposition, der Bund möge mal eben ein verlässliches Registrierungssystem aufbauen. Dass das kaum möglich erscheint, rechtfertigt aber nicht das erschreckende Maß des Unvorbereitetseins. Das trifft leider auch die Kommunen, auf deren Initiative, auf deren Tatkraft und auf deren Improvisationstalent es jetzt entscheidend ankommt. Städte, Kreise und Gemeinden müssen dringend aus dem Corona-Modus herauskommen. Weg mit dem Motto: Mal schauen, welche Verordnung morgen kommt. Für das, was sie jetzt zu leisten haben, wird es kaum Vorgaben geben – vielleicht ein bisschen Kohle im Nachhinein. Die kommunale Ebene muss jetzt beweisen, dass sie die bürgerschaftliche Ebene ist. Die Ebene, die noch Pragmatismus kann. Das setzt voraus, dass jeder Oberbürgermeister, jeder Landrat, jeder Bürgermeister diese Herkulesaufgabe als seine ganz persönliche begreift und als die seiner gesamten Verwaltung. Corona-Erschöpfung hin oder her: Wer jetzt verzagt, schaut bitte nach Polen, wo ein viel kleineres Land schon zehnmal so viele Kriegsflüchtlinge aufgenommen hat wie wir.

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Quelle:Aufwachen / Leitartikel von Friedrich Roeingh zum Flüchtlingsmanagement


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