Kollateralschaden, Kommentar von Anna Sleegers zur Commerzbank

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Frankfurt (ots) – Der Staat kann es offensichtlich nicht. Selbst wenn er sich wie bei der Commerzbank mit der erforderlichen Expertise im Aufsichtsrat vertreten lässt, ist er nicht der bessere Banker. Eigentlich noch nicht mal ein mittelmäßiger. Gerade vermittelte die Commerzbank einigermaßen den Eindruck, dass die Beteiligten wieder an einem Strang ziehen, da platzt mit dem Rücktritt des gerade erst zum Aufsichtsrat bestellten Andreas Schmitz die nächste Bombe.

Nachdem gesundheitliche Gründe den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Jörg Vetter vor nicht einmal zwei Wochen zum Rücktritt zwangen, ist damit ein zweiter Platz im Kontrollgremium unbesetzt. Nicht zuletzt, weil nun völlig offen ist, wer durch die Veranstaltung führen soll, stoppte die Commerzbank den ursprünglich am Donnerstag geplanten Versand der Einladungen zur virtuellen Hauptversammlung.

Wie bei allen Themen, die bei der Commerzbank derzeit auf der Agenda stehen, hat auch bei der Benachrichtigung der Aktionäre die Zeit gedrängt. Der letztmögliche Termin, zum ursprünglich geplanten Datum 5. Mai einzuladen, wäre der kommende Montag. Bis dahin zumindest einen Nachrücker für den Aufsichtsrat finden zu wollen, ist vielleicht noch ein bisschen ambitionierter, als festzulegen, wer das Aktionärstreffen leiten soll, nachdem der dafür auserkorene Schmitz hingeschmissen hat. Insofern ist die Entscheidung, die Veranstaltung gleich zu verschieben, nachvollziehbar. Schleierhaft bleibt indes, wie es überhaupt zu dem Eklat kommen konnte. Am Finanzplatz wird kolportiert, dass sich der Bund als Großaktionär gegen die Wahl des früheren HSBC-Managers Schmitz zum Aufsichtsratschef gestemmt hat. Bundesfinanzminister Olaf Scholz soll die Sorge umgetrieben haben, dass die Opposition ihm im Wahlkampf einen Strick daraus drehen könnte. Das ist angesichts seiner Kanzlerkandidatur für die SPD ein naheliegender Gedanke – so naheliegend, dass sich nicht recht erschließt, warum Scholz nicht bereits im Herbst sein Veto einlegte. Denn dass die Staatsanwaltschaft gegen HSBC Deutschland wegen Cum-ex-Geschäften ermittelt, die getätigt wurden, als Schmitz noch deren Vorstandschef war, ist seit 2016 bekannt.

Fast schon mutwillig schürt der Bund so den – angesichts des wieder handlungsfähigen Vorstands und der verabschiedeten Strategie wahrscheinlich falschen – Eindruck, dass die Commerzbank nach dem Horrorjahr 2020 in die nächste Führungskrise schlittert. Wer solche Großaktionäre hat, braucht keine Leerverkäufer.

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Quelle:Kollateralschaden, Kommentar von Anna Sleegers zur Commerzbank


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