Nach Tokio bleibt das Gefühl flau/Nach den Spielen in Japan steht nur die Begeisterung der Sportler außer Frage. Die Probleme des Sports harren nach wie vor einer Lösung. Von Claus-Dieter Wotruba

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Regensburg (ots) – Olympia in Tokio sorgte für ein ziemlich flaues Gefühl in der Magengegend: Das war davor nicht anders, als es danach ist. Vor Ort eher unwillkommene Spiele in Pandemiezeiten durchzupeitschen, war in der Vernunftskala nicht gerade sehr weit oben anzusiedeln. Auch wenn zuvor die Fußballer mit ihrer Europameisterschaft in Sachen Ignoranz der Corona-Fakten auf den Fan-Tribünen zweifelsfrei den Vogel abgeschossen hatten. Tokio war ein immenses Risiko: Und vorab geurteilt scheint es gerade noch einmal so gut gegangen zu sein.Worüber ganz und gar nicht zu streiten ist: Die Sportler waren glücklich, dass ihnen das (teils einmalige) Ereignis ihres Sportlerlebens nicht genommen wurde. Gut, manche haderten mit den Umständen wie Unterkunft oder Untergrund, andere mit ihrer Leistung. Das ist normal. Wieder andere heulten auch ohne Medaille über ihr Glück. Das kennt man auch. Und immer und immer wieder gibt es einmalige Geschichten, Gänsehaut-Momente, Dramen, Emotionen – so auch diesmal. Es bleiben zum Beispiel Eindrücke wie der des geteilten Hochsprung-Olympiasiegs für Italien und Katar oder auch das Bild von Alexander Zverev, der bei aller Professionalität das glitzernde Gold würdigte und wollte, wie man es ihm zuvor wohl eher nicht zutraute.Überhaupt: Vor dem Fernsehschirm war (jenseits der fehlenden Zuschauer) bisweilen kaum ein Unterschied zu spüren. Olympische Spiele sind ja längst vor allem Fernsehspiele geworden – und das waren sie auch diesmal sehr wohl, mit zentral vom IOC gesteuerten Bildern (worüber sich auch schon wieder trefflich streiten lässt). Gut, das Fernsehgerät implodierte nicht wie etwa bei Londons Leichtathletik-Wettbewerben 2012 oder wie in Sydney 2000. Und natürlich war die Zeitverschiebung nach Asien zwar ein Vorteil für Medienschaffende in Europa, die so den Olympiatag leichter aufbereiten konnten, aber ein Fan-Nachteil: Denn entweder fielen die Entscheidungen mitten in der Nacht oder während des Arbeitstages. In Paris 2024 werden wieder mehr die Abende Olympia gehören.Ansonsten sind die Problematiken die gleichen geblieben. Eine Flut an Olympischen Rekorden in der Leichtathletik, garniert mit ein paar Fabel-Weltrekorden wirft bei in Pandemietagen drastisch reduzierten Dopingkontrollen fast mehr Fragezeichen als Jubel auf. Ob das nur den energiespendenden neuartigen Schuhen oder technisch neuartigen Bahnen liegen kann? Sicher nicht: Es steht wie immer zu befürchten, dass die Geschichtsbücher umgeschrieben werden in ein paar Jahren, wenn nachkontrolliert worden ist. Die politische Sport-Dimension drückte zum Beispiel die Flucht der Sprinterin Timanowskaja aus Belarus aus, die sich in der Heimat nicht mehr sicher fühlte. Und die Bilder aus dem Reitsport mit ihrer Diskussion um das Tierwohl provozierten sogar eiligst hergestellte Petitionen. Das sind nur ein paar exemplarische Problemfelder.Und der deutsche Sport bestätigte den Trend, dass es hart und härter wird, Olympiasieger in Schwarz-Rot-Gold zu sein. Zehn statt 17 Mal Gold in Rio, das stimmt bedenklich. Deutschland wurde in Sachen Plakettensammeln in Europa ein- oder überholt von Frankreich, den Niederlanden und Italien. Über ein Zehn-Prozent-Minus an Edelmetall war schon davor geunkt worden. Ob die 2016 in Angriff genommene Leistungssport-Reform der richtige Schritt zur Eindämmung sein kann, ist überaus fraglich.Es fehlt auf vielen Ebenen ein klares Bekenntnis zum Sport in Deutschland – von klein auf und nicht nur im Topbereich. Denn das eine braucht das andere. Das war in Corona-Tagen mehr als offensichtlich. Das flaue Gefühl im Magen in Sachen Olympia wird treuer Begleiter bleiben. National wie international. Das ist die so gar nicht neue Erkenntnis von Tokio.

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Mittelbayerische Zeitung
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