Schon verloren / Kommentar von Friedrich Roeingh zum Krieg in der Ukraine

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Mainz (ots) –

Die Tragödie dieses Angriffskrieges nimmt ihren Lauf. Und die Ohnmacht, mit der wir ihn begleiten, schmerzt Stunde um Stunde, Tag um Tag. Hunderte von Toten hat Putins Krieg schon gefordert. Tausende werden folgen. Alle Rufe, jetzt noch militärisch zu helfen, sind Verzweiflungsrufe. Die Lieferung von mehr Waffen, auch von deutschen Waffen hätte nichts daran geändert, dass die ukrainische Armee den russischen Streitkräften, der russischen Strategie – und ihrer minutiösen Vorbereitung vor den Augen der Weltöffentlichkeit – hoffnungslos unterlegen ist. Die Ukraine, der wir unsere hilflose Solidarität bekunden, ist schon verloren. Allein ein Nato-Beitritt vor zwei, drei Jahren im Turbogang hätte sie vielleicht retten können. Die Ukrainer aber werden auch noch kämpfen, wenn ihnen diese aussichtslose Lage bewusst geworden ist. Das ist die deprimierende Logik des einmal entfachten Krieges. Es ist das Ergebnis eines jungen Nationalismus, der durch Putins Geschichtsverfälschung noch angefacht worden ist. Und es ist die Hoffnung der Ukrainer, dass die Anzahl der Särge russischer Soldaten den größten Einfluss auf das Volk des Kriegstreibers und damit auf ihn selbst haben wird. Auch wenn die russischen Streitkräfte Kiew in den nächsten Tagen einnehmen könnten und alle ukrainischen Militärbasen vernichtet hätten: Putins Besatzer werden für Monate oder auch für Jahre mit Anschlägen und Partisanenkämpfen rechnen müssen. Möglicherweise rühren daher die vermeintlichen ersten Friedenszeichen, für die sich Putin als Überbringer China ausgesucht hat. So bringt er die Gegenseite in Zugzwang. So setzt er zur abermaligen Spaltung des Westens an. So hält er sich die Hintertür offen, wenn die Zahl der russischen Särge tatsächlich zu groß wird. Frieden geben wird Putin freilich nicht eher, als er dieser Ukraine das Rückgrat gebrochen hat. Nicht eher, als das Militär weitgehend ausgeschaltet ist. Nicht eher als die zivile Infrastruktur so weit zerstört ist, dass eine wirtschaftliche Erholung auf Jahrzehnte unmöglich ist. Nicht eher, als ein von seinen Gnaden installiertes Marionettenregime dafür Sorge trägt, dass eine Ukraine auf dem Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Geschichte ist. Die Ukraine, für die wir das Brandenburger Tor anstrahlen, für die wir auf die Straße gehen oder beten, sie ist längst verloren.

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