In der Pflicht / Kommentar von Andreas Härtel zu Freiheiten für Corona-Geimpfte

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Mainz (ots) – Allen Unkenrufen zum Trotz: Das Land hat es schon recht weit gebracht beim Impfen. 60 Prozent der Deutschen haben ihre erste Dosis erhalten, 49 Prozent haben bereits den zweiten Impftermin hinter sich gebracht. Wer daran zweifelt, dass das ein Erfolg ist, der möge sich bitte noch mal an die Debatten um die Impfstrategie der EU von Anfang des Jahres erinnern. Es ist erst ein halbes Jahr her. Wir sind mitten in einer Pandemie. Der Impfstoff wurde in rekordverdächtiger Zeit entwickelt. All das muss man sich vor Augen führen, wenn man nun – wieder einmal – über eine Impfpflicht oder vermeintliche Privilegien für Geimpfte diskutiert.Offensichtlich nämlich haben sich viele etwas vorgemacht. Wenn das Tempo der Impfkampagne lahmt, lässt sich das zum Teil zwar auch mit den gesunkenen Infektionszahlen im Sommer erklären, die Sorglosigkeit fördern. Aber viel nahe liegender ist: All jene Erwachsenen, die sich ganz sicher impfen lassen wollten oder wollen, haben nun entweder schon Vakzine erhalten – oder zumindest einen Termin. Dass es dann schwerer werden würde, weitere Bürger vom Impfen zu überzeugen, erscheint logisch. An die grundsätzlichen Impfskeptiker wird man kaum herankommen. Aber es gibt nun einmal auch viele, die einfach nur grübeln und zweifeln, die lediglich jemanden bräuchten, der sie überzeugt oder es ihnen leichter macht. Sie haben keinen bösen Willen. Aber sie haben Sorgen, derer man sich annehmen müsste. Sie bräuchten Ärzte oder Berater, die sich wirklich kümmern. Und dann sind da noch diejenigen, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen nicht um das Thema scheren. Sie bräuchten Impfangebote, die man – überspitzt formuliert – quasi im Vorbeigehen annehmen kann. Und es bräuchte noch viel mehr mobile Impfteams, die zu den Ungeimpften kommen und damit auch Hürden überwinden helfen. Da ist der Staat in der Pflicht. Irgendwann in der Zeit, in der das Impftempo hoch war, mögen solche Initiativen hier und da stecken geblieben sein. Aber: Es ist noch Zeit, die Unbekümmerten sowie die Zweifler einzufangen und die Impfquote vor dem Herbst in die Höhe zu treiben. Vielleicht soll dazu ja auch das Geraune von Inzidenzen um 800 bis 850 dienen. Nur: Allein mit Drohungen wird das Ziel bestimmt nicht zu erreichen sein. Denn diese wirken nach eineinhalb Jahren Corona-Pandemie für die allermeisten ziemlich hohl. Vorteile für Geimpfte in einer vierten Welle sind dagegen alles andere als nur Drohungen. Einen weiteren Lockdown wird es schließlich kaum geben können, und natürlich werden dann vor allem die Ungeimpften die Treiber der Infektionen sein. Vor allem aber haben es im Zweifel die Geimpften möglich gemacht, dass die Welle glimpflicher verläuft und dass die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Maßnahmen weniger hart ausfallen, als es sonst hätte passieren können. Davon profitieren auch die Ungeimpften. Es ist deshalb legitim, wenn im Zweifel alleine diejenigen keine Einschränkungen mehr erdulden müssen, die das alles möglich gemacht haben – wenn, ja wenn alle ein Impfangebot erhalten haben und alle Wankelmütigen die Unterstützung bekommen haben, die sie brauchen. Vor diesem Hintergrund kann jeder für sich entscheiden, was er tut. Irgendwann wird es schließlich so weit sein, dass die Einschränkungen für alle fallen. Und dann werden auch die Ungeimpften die Freiheiten genießen. Bis dahin aber steht es jedem Einzelnen frei, wie er sich entscheidet. Anders ist das bei einer Impfpflicht, die nun wirklich niemand will. Denn diese wäre nichts anderes als staatlicher Zwang. Und der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte wäre schlicht zu groß.

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